Ich kenne Justizminister Brandstetter als freundlichen und interessanten Gesprächspartner, der sich offen Probleme anschaut und ein Sachpolitiker ist. Wie er sich aber in jüngster Zeit parteipolitisch von der ÖVP vorführen und instrumentalisieren lässt ist unerträglich und eines Justizministers unwürdig.

ÖVP-Obmann Kurz hat das Strafrecht für den Wahlkampf entdeckt. Die Strafhöhen von Gewaltdelikten und Vermögensdelikten würden in einem Missverhältnis stehen. Das ist in erster Linie eine Kritik des ÖVP-Spitzenkandidaten an ÖVP-Justizminister Brandstetter und der ÖVP. Die Schwarzen führen seit fast 10 Jahren das Justizministerium.

Brandstetter hätte seinem Parteiobmann sagen können, dass sich das sensible Thema Strafrecht nicht für den Wahlkampf eignet. Dass es vor zwei Jahren eine große von Experten ausgearbeitete Reform unter seiner Verantwortung zu diesem Thema gegeben hat. Dass man diese in Ruhe evaluieren und nicht an Hand von einzelnen Fällen diskutieren soll. Dass möglicher Weise manches zitierte Urteil sogar noch auf Basis der alten Rechtslage gefällt wurde. Das alles hat Brandstetter seinem Parteiobmann nicht gesagt. Kurz hat Brandstetter aufgefordert einen Maßnahmenbericht dazu vorzulegen. Brandstetter nickt brav und will liefern. So ruiniert ein Justizminister seinen Ruf.

Ähnlich war es beim so genannten Sicherheitspaket. Innenminister Sobotka liefert da seit Monaten teilweise haarsträubenden Ideen. Justizminister Brandstetter betont, dass es ihm „nur“ um die Überwachung von Messengerdiensten gehen würde. Dafür brauche es keine Spionagesoftware wie den Bundestrojaner, hat der Justizminister vor Monaten gemeint. Beides hat sich als falsch herausgestellt. Selbstverständlich kommt eine Spionagesoftware zum Einsatz und die überwacht auch um einiges mehr als bloß Whatsapp-Telefonate. So ruiniert ein Justizminister seinen Ruf.

Völlig gescheitert ist Brandstetter mit der Ausarbeitung der Reform des Maßnahmenvollzugs. Ein Fall schwerer Vernachlässigung eines Häftlings vor vier (!) Jahren hat das Schlaglicht darauf geworfen, dass immer mehr als so genannte „geistig abnorme“ Straftäter in Haft sitzen. Während in Österreich rund 200 Personen über ihre Haftstrafe hinaus im Maßnahmenvollzug untergebracht sind, befinden sich im 10 mal größeren Deutschland mit 400 Verwahrten gerade doppelt so viele Personen in Sicherheitsverwahrung. Anders formuliert: In Österreich kommt man schneller in den Maßnahmenvollzug und schwerer wieder heraus als in Deutschland. Das ist insofern bemerkenswert als Deutschland nicht unsicherer oder gefährlicher als Österreich ist. Die Folge ist eine Verknappung der Betreungsressourcen, die dann bei gefährlichen Tätern fehlen. Gesetzesinitiativen wurden von Brandstetter verschoben und verschleppt. Vor dem Sommer kam mit  jahrelanger Verspätung doch ein Vorschlag, der innerhalb von Tagen nach Order von Parteiobmann Kurz auf die lange Bank geschoben wurde. Damit ist das wichtigste Reformvorhaben von Brandstetter endgültig gescheitert. So ruiniert ein Justizminister seinen Ruf.

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