Wer im „realen“ Leben angegriffen wird, kann auf den Schutz des Strafrechts vertrauen. Wer digital angegriffen wird, ist nicht selten schutzlos. Wir wollen, dass das Internet nicht zum virtuellen Marktplatz wird, auf dem Hassbotschafter ungestört andere verbal hinrichten können.
Wer vor 30 Jahren eine hetzerische Diffamierungskampagne gegen eine Person startete, musste beträchtliche kriminelle Energie aufwenden. Flugzetteln mussten formuliert, gedruckt, aufgeklebt und verteilt werden. Trotz des erheblichen Aufwands blieb die Reichweite in den meisten Fällen relativ gering.
Heute ist das einfacher. In der digitalen Welt braucht es nicht mehr als ein Mobiltelefon um eine Nachricht über das Internet zu verbreiten. Ein Hassposting ist innerhalb von Sekunden gemütlich von der Wohnzimmercouch abgesetzt und kann in kürzester Zeit eine enorme Reichweite erlangen. Das Internet vergisst nicht. Hasspostings sind heute geeignet, das Privat- und Berufsleben der betroffenen Personen in massivster Weise zu beeinträchtigen.
Dabei muss unterschieden werden. „Fake News“ sind die Verbreitung falscher Nachrichten. So problematisch das Phänomen ist, soll und kann „Fake News“ nicht wie in Deutschland debattiert mit dem Strafrecht begegnet werden. Was wahr und falsch ist, soll Gegenstand von politischen Debatten, aber nicht von Gerichtsverfahren sein.
Hasspostings zielen auf die Einschüchterung und Beeinträchtigung einzelner Personen ab. Diese sind strafrechtlich zu schützen. Doch gerade im Bereich der Hasskriminalität und speziell im Zusammenhang mit dem relativ jungen Phänomen der Hetze im Internet sind die derzeitigen strafrechtlichen Tatbestände nicht ausreichend.
Warum reicht gegenwärtige Rechtslage nicht aus?
Bei Beleidigung und Übler Nachrede handelt es sich in der Regel um sogenannte Privatanklagedelikte. Sie werden nicht von der Staatsanwaltschaft verfolgt, sondern müssen von den Betroffenen auf eigenes Kostenrisiko geklagt werden. Es hängt vom Know-How und der Finanzkraft der Betroffenen ab, ob der Täter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird. Der Staat hält sich raus.
Gefährliche Drohungen werden von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen zwar verfolgt, eine Verurteilung scheitert aber oft daran, dass die geäußerten Gewaltphantasien keine explizite Drohung im eigentlichen Sinn des Strafrechts darstellt („Du gehörst… Ich hoffe, du wirst… Du brauchst…).
Die Verhetzung wiederum ist trotz jüngster Novelle sehr eng gefasst. Umfasst sind nur Äußerungen, die tatsächlich zu Hass und Gewalt führen sollen, bzw. die geradezu darauf abzielen, der verletzten Person das Recht auf Menschsein abzusprechen. Dazu kommt, die Verhetzung schützt nur Angehörige bestimmter Gruppen. Journalisten/Journalistinnen, die etwa wegen kritischer Berichterstattung diffamiert werden, können in diesem Zusammenhang nicht mit strafrechtlichem Schutz rechnen. Darüber hinaus lässt sich aus vielen öffentlich formulierten Gewaltphantasien kein Straftatbestand ableiten. Aussagen wie „Du gehörst aufgehängt!“ oder „Ich hoffe, deine Tochter wird vergewaltigt!“ mögen zwar grob verstörend wirken, sind aber keine expliziten Drohungen im Sinne des Strafrechts.
Meinung oder Hass?
Oft wird mit dem Argument der Meinungsfreiheit gegen einen verbesserten Schutz vor Hass im Internet argumentiert. Dabei wird übersehen, dass viel geringere Beleidigungen schon heute beispielsweise als Ehrenbeleidigung strafrechtlich nicht erlaubt sind. Dazu kommt, dass die Europäische Menschenrechtskonvention grundsätzlich die Meinungsfreiheit schützt. Gesetzgeber und Rechtsprechung, haben das Recht auf Meinungsfreiheit zu berücksichtigen und der europäische Gerichtshof für Menschenrechte gewährleistet diesen Rechtsschutz. Gleichzeitig hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte aber auch klar anerkannt, dass diffamierende Tatsachenäußerungen, die ohne jede Grundlage oder bösgläubig abgegeben werden, mit Sanktionen belegt werden können. Ebenfalls nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung mitumfasst sind Ausdrücke, die das Ziel haben, Hass auf der Grundlage von Intoleranz zu verbreiten (hate speech). Diese feine Linie schützt die freie Rede, aber zieht eine klare Grenze gegenüber Hass und Hetze.
Eine Journalistin hat folgendes Hassposting bekommen: „Man sollte dieser Entarteten die Gebärmutter ziehen, ausspülen und einem Schutzsuchenden als Trinkschlauch auf die Reise in die Wüste mitgeben. Das wäre doppelt ökonomisch“. Weitere Posts aus den sozialen Medien: „Sie gehören am nächsten Baum aufgehängt und dazu auch noch wegen Landesverrat erschossen. Die Glock liegt bereit“ oder „Weil ihr mit eurer kranken Haltung Vergewaltigungen anderer ermöglicht und deshalb selber nicht davon verschont werden solltet“. Hass oder Meinung? Der Unterschied wird mit den Beispielen deutlich.
Das Strafrecht kann keine Wunder wirken und soll auch nicht zur Antwort für jedes gesellschaftliche Problem werden. In letzter Konsequenz muss der Staat aber die Freiheitsräume seiner BürgerInnen auch mit dem Strafrecht schützen.
Grüner Vorschlag
Herausforderung ist es den Schutz vor schwersten persönlichen Attacken sicher zu stellen, ohne dabei ein Massendelikt zu schaffen.
Wir knüpfen an einem Strafparagraphen an, den es schon gibt. § 107c StGB stellt Cybermobbing unter Strafe. Diese Bestimmung sanktioniert länger andauernde Belästigung über Computersysteme.
Künftig soll auch eine einmalige Äußerung strafbar sein, wenn Gewalt gegen eine Person gutgeheißen wird oder eine Person, in der Absicht sie an ihrer Ehre zu verletzen, auf sexualisierte Art und Weise beleidigt oder bloßgestellt wird. Gutheißen von Gewalt gegen eine Person wird etwa dann erfüllt sein, wenn einer Person öffentlich eine Vergewaltigung oder der Tod gewünscht wird.
Die Äußerung muss einer breiten Öffentlichkeit (ab etwa 150 Personen) zugänglich sein.
Voraussetzung ist weiter, dass die Äußerung geeignet sein muss, eine Person in ihrer Lebensführung (z.B. Schlafstörungen, verändertes Verhalten, seelische oder körperliche Beeinträchtigungen) unzumutbar zu beeinträchtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Verhalten tatsächlich geändert wird, sondern ein Durchschnittsmensch möglicherweise seine Lebensgestaltung geändert hätte.
Im Gegensatz zur Ehrenbeleidigung soll die neue Bestimmung kein Privatanklagedelikt, sondern ein Ermächtigungsdelikt sein. Während beim Privatanklagedelikt die Betroffenen selbst für die strafrechtliche Verfolgung zuständig sind, ist künftig die Staatsanwaltschaft zuständig, wenn die betroffenen dazu ihre Zustimmung erteilen.
Sorry, nein. Wir brauchen nicht noch so einen Paragraphen. Die von die angeführte Beispiele sind — wenn nicht eh schon per „Gefährlicher Drohung“ — so mE zumindest mit §282 StGB bedroht – ein Offizialdelikt, da müßte also eine Anzeige reichen. Eventuell könnte man diesen Paragraphen noch präzissieren, aber ein eigenes zusätzliches Internetrecht braucht es nicht.
Generell müßte aber noch etwas anderes passieren — wenn du konsequent sein möchtest: Es müßte einen leichteren Zugang zum recht geben – momentan ist es ja so, daß wenn jemand den strache oder die Glawischnig beschimpft, bedroht, herabwürdigt oder über diese irgendwas 111ermäßiges sagt, da mit einer anzeige rechnen muß, aber wenn zb herr strache über einen konkreten asylwerber oder eine konkrete gruppe etwas sagt, diese kaum die möglichkeit haben, sich gerichtlich zu wehren – weil sie eh schon prekäre existenzen sind. das gleiche müßte für ein verbandsklagsrecht gelten – zum beispiel für die bettellobby, wenn jemand wieder mal irgendwelche gschichteln über bettler druckt.
dann allerdings hast du dein massendelikt und dann hast du das problem, das die grenze zur pönalisierung von echten meinungen (per der eh schon viel zu üblichen verwendung des begriffs „wertungsexzess“) immer mehr verschwimmt.
also bitte, lieber albert, sei ein bissi vorsichtiger – und denk mal drüber nach, was du als junggrüner so alles von dir gegeben hast (wobei du mit dem meisten damals recht gehabt hast, aber das ist eine andere frage).
und: auf den vollkommen anachronistischen 115er kann man eigentlich ganz verzichten. die ehrverletzungsdelikte stammen doch alle aus einer zeit, wo man ehrenhändel, also duelle, verhindern wollte, damit sich die adelige elite nicht gegenseitig ausrottet. und während der 111er heute sicher noch seine irgendwo seine berechtigung hat, ist eine strafgerichtliche verfolgung, weil man jemanden anderen einen trottel nennt, heute schon sehr seltsam.
es gibt viel auf der welt, was nicht so schön ist. aber immer alles gleich mit gefängnis oder empfindlichen geldstrafen zu bedrohen, ist sicher keine lösung in einer angeblich liberalen gesellschaft. da ist die kur schlimmer als die krankheit.
und nochwas: mit so einer rechtsreform triffst du vor allem angfressene verlierertypen unserer ellbogengesellschaft, die im suff oder einfach nur in der wut irgendwas schreiben — die wahren schreibtischtäter aber kommen locker davon, weil die halt meistens vorsichtig genug sind (und du weißt genau, wen ich damit meine, das sind die, die mit hassbotschaften ihr geld verdienen).
ein letztes: es hat gute gründe, warum ehrverletzungsdelikte von früheren gesetzgebern und vor allem der judikatur relativ eng gefaßt sind (mE könnten sie in bestimmten bereichen sogar noch enger sein) — weil man eben sonst sehr rasch gummipargraphen zum zwecke der repression von legitimen meinungsäußerungen erhält.
wie gesagt: ich bitte dringend um vorsicht bei deiner erwägung, ob in pandoras büchse nicht doch was interessantes drin sein könnte…
ach spricht der pöbel nicht genehm?
probleme mit der redefreiheit?
ich hoffe ich habe keine „schlafstörungen“ verursacht, sonst droht mir der staatsanwalt….
Sorry, nein. Wir brauchen nicht noch so einen Paragraphen. Die von die angeführte Beispiele sind — wenn nicht eh schon per „Gefährlicher Drohung“ — so mE zumindest mit §282 StGB bedroht – ein Offizialdelikt, da müßte also eine Anzeige reichen. Eventuell könnte man diesen Paragraphen noch präzissieren, aber ein eigenes zusätzliches Internetrecht braucht es nicht.
Generell müßte aber noch etwas anderes passieren — wenn du konsequent sein möchtest: Es müßte einen leichteren Zugang zum recht geben – momentan ist es ja so, daß wenn jemand den strache oder die Glawischnig beschimpft, bedroht, herabwürdigt oder über diese irgendwas 111ermäßiges sagt, da mit einer anzeige rechnen muß, aber wenn zb herr strache über einen konkreten asylwerber oder eine konkrete gruppe etwas sagt, diese kaum die möglichkeit haben, sich gerichtlich zu wehren – weil sie eh schon prekäre existenzen sind. das gleiche müßte für ein verbandsklagsrecht gelten – zum beispiel für die bettellobby, wenn jemand wieder mal irgendwelche gschichteln über bettler druckt.
dann allerdings hast du dein massendelikt und dann hast du das problem, das die grenze zur pönalisierung von echten meinungen (per der eh schon viel zu üblichen verwendung des begriffs „wertungsexzess“) immer mehr verschwimmt.
also bitte, lieber albert, sei ein bissi vorsichtiger – und denk mal drüber nach, was du als junggrüner so alles von dir gegeben hast (wobei du mit dem meisten damals recht gehabt hast, aber das ist eine andere frage).
und: auf den vollkommen anachronistischen 115er kann man eigentlich ganz verzichten. die ehrverletzungsdelikte stammen doch alle aus einer zeit, wo man ehrenhändel, also duelle, verhindern wollte, damit sich die adelige elite nicht gegenseitig ausrottet. und während der 111er heute sicher noch seine irgendwo seine berechtigung hat, ist eine strafgerichtliche verfolgung, weil man jemanden anderen einen trottel nennt, heute schon sehr seltsam.
es gibt viel auf der welt, was nicht so schön ist. aber immer alles gleich mit gefängnis oder empfindlichen geldstrafen zu bedrohen, ist sicher keine lösung in einer angeblich liberalen gesellschaft. da ist die kur schlimmer als die krankheit.
und nochwas: mit so einer rechtsreform triffst du vor allem angfressene verlierertypen unserer ellbogengesellschaft, die im suff oder einfach nur in der wut irgendwas schreiben — die wahren schreibtischtäter aber kommen locker davon, weil die halt meistens vorsichtig genug sind (und du weißt genau, wen ich damit meine, das sind die, die mit hassbotschaften ihr geld verdienen).
ein letztes: es hat gute gründe, warum ehrverletzungsdelikte von früheren gesetzgebern und vor allem der judikatur relativ eng gefaßt sind (mE könnten sie in bestimmten bereichen sogar noch enger sein) — weil man eben sonst sehr rasch gummipargraphen zum zwecke der repression von legitimen meinungsäußerungen erhält.
wie gesagt: ich bitte dringend um vorsicht bei deiner erwägung, ob in pandoras büchse nicht doch was interessantes drin sein könnte…