Dem Wiener Flughafen wurde der Ausbau der 3. Piste untersagt. Schnell wurde versucht diese richtungsweisende Entscheidung zum Skandalurteil zu erklären. Gegen Kritik an einem Urteil ist nichts einzuwenden. Das ist in einer Demokratie legitim und die zuständigen Instanzen werden die rechtlichen Argumente prüfen.

Im Fall des Flughafen-Urteils wird aber massiv Stimmung gemacht und der Rechtsstaat angegriffen, weil er sich erlaubt hat unabhängig zu entscheiden. Die Richter wurden von anonymer Seite in einem Kurier-Artikel frontal in ihrer Kompetenz angegriffen und zu „linksgrünen Aktivsten“ erklärt, weil sie sich wirtschaftlichen Interessen nicht gebeugt haben. Trump hätte dieses Dirty Campaining nicht besser machen können. Wer nicht den Interessen der Mächtigen folgt, wird zum „so called“ Richter.

Zurück zum Urteil. Ein Kritikpunkt ist, dass Richter mit solchen Entscheidungen Politik machen würden. Irrtum. Das Gericht kann nur jenen Spielraum wahrnehmen, den die Politik im Rahmen von Gesetzen gibt. Das wurde getan. Österreich will nach dem Klimaschutzgesetz seine Treibhausgas-Emissionen im Verkehr von 2015 bis 2020 um 2,25% reduzieren. Der Ausbau der 3. Piste würde die Emissionen aber wieder um 1,8 bis 2 Prozent steigern. Schon bisher hat der Flugverkehr für einen massiven Anstieg gesorgt. Wie sollen Klimaziele erreicht werden, wenn Steigerungen dieses Ausmaßes im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung irrelevant wären? Die Reduktion von Emissionen war übrigens schon oft Argument bei Umweltverträglichkeitsprüfungen. Nicht selten wurde die Zulässigkeit von Eingriffen in die Natur bei Wasserkraftwerken mit ihren geringen Emissionen gegenüber anderen Energiequellen begründet.

Interessant sind auch die wirtschaftlichen Argumente. Der Flugverkehr hat in Wien in den letzten Jahren um 15 Prozent abgenommen. Die Passagierzahl ist trotzdem gestiegen. Wenn Arbeitsplätze in Gefahr sind, dann nicht wegen der Flugfrequenz am Flughafen Wien, sondern dem extremen Wettbewerb in der Flugbranche. Warum braucht es dann eine 3. Piste? Der Flughafen will Wien zum Transitdrehkreuz machen und den „Umsteige-Flugverkehr“ gezielt nach Österreich holen. Klimaschutz und Lebensqualität stehen da nicht auf der Rechnung. Das Gericht hat kein öffentliches Interesse an dieser Strategie gemessen an den Umweltauswirkungen gesehen. Wie bewertet übrigens der oft zitierte Markt das Urteil des Gerichts? Die Flughafenaktie ist nach Bekanntwerden gestiegen. Offensichtlich waren AnlegerInnen nicht davon überzeugt, dass sich das Projekt wirtschaftlich rechnet und haben auf das Aus der 3. Piste erleichtert reagiert.

Oft wird der Rechtsstaat beschworen. Wenn wirtschaftliche Interessen berührt sind gilt aber offensichtlich, dass nur ein positives Urteil, ein gutes Urteil ist. Wer aber so denkt, stellt den Rechtsstaat in Frage.

2 Kommentare bis jetzt.

  1. kurt streitenberger sagt:

    Einige Zeilen dazu –

    Ich sehe die Sache etwas entspannter und habe mir die Frequenzzahlen von europäischen und asiatischen Flughäfen (auch Frankfurt und München) angesehen – senile Bettflucht am Wochenende -.
    Im Schnitt liegen wir mit unseren Auslastungszahlen der bestehenden Infrastruktur 30% unter dem int. Standard, da wäre also noch genug Platz nach oben.
    Mein Vorschlag für Schwechat wäre aber –
    endlich mit dem Sauhaufen nach dem Bau des neuen Terminal aufzuräumen und den Flughafen zumindest barrierefrei zu gestalten.
    Wer ihn (den Flughafen) kennt, weiß, dass es für ältere Menschen in sinnvoller Zeit nicht möglich ist die östlichen Gates zu erreichen.
    (usw.)
    Ein kleines Beispiel für einen funktionierenden Flughafen –
    (bitte die Zahlen vergleichen – bedarf keines weiteren Kommentars.)
    Und natürlich ist am Changi Airport jedes Gate innerhalb von 15 Minuten, vollkommen barrierefrei zu erreichen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Flughafen_Singapur

    Flughafen Singapur – Wikipedia
    Der Flughafen Singapur (chin. 新加坡樟宜机场 Pinyin Xīnjiāpō Zhāngyí Jīchǎng englisch Singapore Changi…
    DE.WIKIPEDIA.ORG

  2. Kelbo sagt:

    Wenn nur 50% des Kurier-Artikel stimmen ist der Skandal wirklich riesig! Die Richter hätten sich für befangen erklären müssen!
    So ein dummes Urteil bekommt nun auch ein echtes „Gschmäckle“…

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