FPÖ-Präsidentschaftskandidat Hofer  und die FPÖ haben vorgeschlagen Behinderten, die nicht mehr frei entscheiden können gerichtlich das Wahlrecht abzuerkennen. Ein gerichtlicher Gutachter sollte vorher klären, ob die Betroffenen noch frei ihren Willen äußern können. Hintergrund sind Behauptungen, dass in Pflegeeinrichtungen von Dritten Wahlkarten für Behinderte ausgefüllt worden wären.

Diese Forderung ist hochproblematisch. Gerichte würden dann in verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte eingreifen. Wer soll den Antrag auf Aberkennung des Wahlrechts stellen? Dazu kommt, dass Beeinträchtigungen temporär sein könnten. Wer fühlt sich dann für die Aufhebung zuständig? Die Pflegeeinrichtung,  der die FPÖ Wahlmanipulation unterstellt wird wohl kaum. Die Verwandten? Noch heikler wird es bei der Frage der Beurteilung. Gerichte würden Gutachter einsetzen, die diese heikle Entscheidung praktisch treffen. Schon jetzt wissen wir, wo immer GutachterInnen eingesetzt werden, kommt es zu Diskussionen über die Qualität von Gerichtsgutachten. In Österreich gibt es ein „Gutachterproblem“. Nicht alle Gutachten sind schlecht, aber bei vielen besteht zu Recht Kritik an nicht eingehalten Qualitätsstandards. Egal ob bei Berufsunfähigkeitspensionen, Sachwalterschaftsverfahren, Haftentlassungen, Einweisungen oder Schadenersatzverfahren – die Beschwerden und Zweifel an der gutachterlichen Qualität sind massiv. Dort wo evaluiert wurde, waren die Ergebnisse teilweise katastrophal. Es gibt schlicht keine Qualitätsstandards und keine funktionierende Qualitätskontrolle.

Die Vorstellung diese Probleme auch im Bereich der Aberkennung des Wahlrechts zu haben, ist hochgefährlich. Wir brauchen keinen gutachterlichen Eingriff in das Wahlrecht älterer und behinderter Menschen. Dort, wo jemand nicht abstimmen kann und jemand anderer abstimmt greift das Strafrecht. Dazu können solche Manipulationen zur Wahlaufhebung führen. Weil die FPÖ die Legende von der manipulierten Wahl – die der Verfassungsgerichtshof nicht bestätigt hat – Aufrecht erhalten will, spielt sie am Rücken von behinderten und älteren Menschen mit dem Feuer. Einen konkreten Fall der Manipulation in einer Pflege- oder Senioreneinrichtung hat die FPÖ bis heute nicht vorgelegt.

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