Das Theater um das Parkpickerl

Die Parkpickerlausweitung in Wien kommt – die blau-schwarze Opposition tobt. Dabei hat sich gerade die ÖVP erst vor kurzem von der ehemaligen CDU-Bürgermeisterin von Frankfurt belehren lassen müssen. Wie derstandard.at berichtete wollte sie wissen, wer sich das Kasperltheater um das Parkpickerl einfallen hat lassen. Peinlich für die Stadt-Schwarzen. Aber was soll man zu einer Partei sagen, die will, dass Parken gratis ist, aber Studieren etwas kostet?

Der blau-schwarzen Rathaus-Opposition haben bisher die Themen gefehlt. Zugegeben – da ist das Parkpickerl ein dankbares Thema. Niemand zahlt gerne mehr und Autofahren gehört für manche ohnedies zu den Grundfreiheiten auf einer Stufe mit dem Folterverbot und der Meinungsfreiheit. Ökologische oder gesundheitliche Auswirkungen sind vollkommen egal – die haben ohnedies andere zu tragen. Es ist bezeichnend, dass Maßnahmen in Wien als „radikal“ oder „Politik für Ökofreaks“ bezeichnet werden, die in zahlreichen europäischen Städten als „state of the art“ gelten.

Dabei will niemand etwas verbieten oder jemanden sekkieren. Es ist aber eine Illusion zu glauben, dass das Auto in wachsenden Metropolen das Verkehrsmittel der Zukunft ist und das auch noch unreguliert. Es geht daher darum, dass der Luxus in einer Stadt das Auto zu benutzen, in der fast jeder Quadratmeter mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, etwas kosten muss. Zusätzlich wurde für die WienerInnen die Jahresnetzkarte verbilligt.

Da wäre noch die Frage nach der direkten Demokratie. Dürfen Umwelt, Gesundheit und Lebensqualität weiter belastet werden, wenn eine mögliche Mehrheit die Regulierung des Autoverkehrs nicht will? Das zeigt, dass direkte Demokratie mehr als eine Abstimmung sein muss – nämlich BürgerInnenbeteiligung. Eine Debatte, die die hinter einer Maßnahme liegenden, notwendigen Ziele nicht negiert, sondern berücksichtigt und in Alternativen denkt. Wenn die Opposition andere Vorschläge liefert, wie durch eine aktive Verkehrspolitik diese Ziele erreicht werden können, muss man die diskutieren und abstimmen. Darum geht es der blau-schwarzen Opposition aber nicht. Das ist ihr Recht, aber wenig zukunftsorientiert.

10 Kommentare bis jetzt.

  1. GTLMedicus sagt:

    „dass der Luxus in einer Stadt das Auto zu benutzen, in der fast jeder Quadratmeter mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, etwas kosten muss.“

    Gerade darin, liegt Euer Mißverständnis; mit der Parkraumbewirtschaftung kostet nicht das Benutzen des Autos etwas sondern das „Nicht-benutzen“, nämlich das Stehenlassen. Wer in einem „parkraumbewirtschafteten“ Bezirk wohnt (!) dem kommt es trotz Öffi-Jahreskarte oft billiger mit dem Auto zu fahren, als den Kübel stehen zu lassen und die Öffis zu benutzen. Persönlich nutze ich seit Jahrzehnten eine Jahreskarte und habe mein Auto an meinem Arbeitsplatz in einem Außenbezirk garagiert, da mein Wohnhaus (wie viele Altbauten innerhalb des Gürtels) keine Garage haben. Benötige ich beruflich oder privat mein Auto vor Ort, gibt es trotz „Parkraumbewirtschaftung“ keinen Parkplatz, weil der mehrfach verkauft wird (http://wp.me/p1kfuX-jD) und wenn wir abends noch wo hingehen wollen erspare ich mir Zeit und die Parkgebühr, wenn wir alle mit dem Auto hinfahren.
    Es tut mir leid, ich gebe Ihnen recht, dass es FPÖVP nur um Stimmenfang geht, aber Eurer „Schönreden“ einer reinen Einnahmenquelle für ein Prestigeprojekt und die Mißachtung urbaner Wohn-, Lebens- und Berufsverhältnisse ärgert mich so sehr, dass ich gerne mit meinem City-Bike und meiner Jahres-Öffi-Karte nach Euch werfen würde. Ihr seid keine Alternative mehr …

    BTW: http://www.erstaunlich.at/index.php?option=com_content&view=article&id=1864:vassilakou-voll-erwischt

  2. Martin sagt:

    Grundlegendes:

    1. Die Erde darf nicht zerstört werden! Die Erde muss weiterhin für Menschen bewohnbar sein und lebenswert sein! 2. Die Gesundheit der Menschen darf nicht geschädigt werden! Das sind grundlegende Menschenrechte!

    Auch Mehrheiten haben Menschenrechte zu achten!

    Anmerkung zur weitverbreiteten Forderung nach mehr direkter Demokratie:

    Ich bin strikt gegen mehr Direkte Demokratie momentan! Wenn die Grünen nachdenken würden (es nervt, dass die Grünen oft so weltfremd und stürmisch sind!), dann kämen sie auch darauf, dass mehr direkte Demokratie momentan nicht gut wäre — aus vielen verschiedenen Gründen. Es ist verantwortungslos, ein politisches System zu verschlechtern anstatt zu verbessern! Man darf sich erwarten, dass beim Politischen System mit Vorsicht und Behutsamkeit vorgegangen wird!

    Jetzt etwas zu Wien:

    Zur ÖVP Wien: Jetzt fordert Sie sogar Neuwahlen wegen des Parkpickerls! Kann man diese Partei eigentlich überhaupt noch Ernst nehmen!?

    Zu Rot-Grün: Rot-Grün in Wien ist schon auch selber schuld, dass der Konflikt rund um das Parkpickerl so ausgeufert ist. Würde Rot-Grün eine Politik machen, die die großen Probleme in Wien (Armut, Arbeitslosigkeit, usw.) löst, wäre die Stimmung in Wien viel besser. Im gegenwärtigen Wien, wo es so viele Probleme gibt, ist die Stimmung extrem gereizt, sodass selbst bei Dingen wie beim Parkpickerl, die niemanden belasten, hochgehen.

  3. terezija sagt:

    lieber albert!
    ein wunderbar, treffender, exakter kommentar!
    DANKE, du schreibst mir aus der herzen ( und hirn)gruß
    terezija

  4. asteinhauser sagt:

    Sg. GTL Medicus!

    Nein es geht nicht um eine „reine Einnahmequelle“, sondern um Kostenwahrheit und ökologische Lenkung.
    1. Das Parkpickerl hat massiven Lenkungseffekt. Es ist mehr Parkplatz für jene vorhanden, die ein Parkpickerl haben, weil externe Parker verringert werden. Dazu kommt, dass es nachweislich unattraktiver ist Fahrten in Parkpickerlbezirke zu unternehmen, also die Anzahl von Fahrten verringert wird.
    2. Parkende Autos verbrauchen enormen Platz im öffentlichen Raum. Niemand kann in einem Park sein Zelt aufschlagen oder am Gehsteig frühstücken. Mit welcher Selbstverständlichkeit aber dem Auto dieser enorme Flächenverbrauch zugestanden wird, ist nicht argumentierbar. Es gibt keinen natürlichen Grundanspruch auf einen Parkplatz. Wer diesen in Anspruch nehmen will, darf auch einen finanziellen Beitrag leisten. Das ist nur fair jenen gegenüber, die diesen Platz mangels Auto nicht beanspruchen.
    Warum sie behaupten, dass sie sich die Parkgebühr ersparen, wenn sie (abends) mit dem Auto wo hinfahren, ist mir nicht nachvollziehbar. Das trifft eher dann zu, wenn es kein Parkpickerl gibt. Gibt es ein Parkpickerl ist es in der Regel wirtschaftlich vernünftiger nach Möglichkeit auf das Auto zu verzichten.
    MfG
    Albert Steinhauser

  5. Mario Passini sagt:

    Was der Herr AbgNR Steinhauser da von sich gibt ist reines „Bolidiger-BlaBla“. Gespickt mit Demaogie. (Vergleich: Autofahren mit Folterverbot). Das ist grenzintelligent.

    Weil der bezug zu den wirklichen Problemen fehtl startet man einen Neidkampf. Jetzt sind die Grünen auch gegen Car2go. Vielleicht sponsort wer besser? Es tut ja weh, wenn eine Partei jahrezehntelang so um die 10 Prozent herumdümpelt. Doch dieser Schmerz geht bald vorbei. Mit dieser Politik und solchen „Bolidigern“ schaffen sich die GRÜNEN selbst ab.
    Eine Wohltat für die Bevölkerung?
    Zumindest gehen sie niemandem ab. Was haben die denn in all den Jahren geschaffen?
    Und jetzt – zuletzt – widersprechen sie sich selbst. Wie laut haben sie nach Abstimmung VORHER gerufen!

  6. chris sagt:

    Steinhauser schreibt, dass für manche das Recht auf Autofahren auf einer Stufe mit dem Folterverbot steht. Er irrt. Bei dem geringen Grundrechtsbewußtsein in österreich ist zu fürchten, dass das Autofahren weit vor dem Folterverbot kommt, das vielen wahrscheinlich egal ist.

  7. Reinhart sagt:

    Denn Leuten vorzuschreiben wieviel Demokratie für sie gut ist,grenzt ja eigentlich schon an diktatorisches Verhalten.Wenn schon eine Parkraumbewirtschaftung dann auf Bundesebene für Ganz Österreich,und nicht so Landespölitisches Flickerk ohne Sinn.
    Weiter´s muß ich mich über die „Grünen“ sehr wundern,haben doch alle anderen Themen glatt vergessen.Temelin(ist gefährlicher als Auto´s und Parkplätze)Flughafen 3 Piste(ist lauter als Auto´s und Parkplätze)Energiewende(ist notwendiger als Auto´s und Parkplätze)
    Sind halt auch nur eine Partei wie alle anderen,über die Anderen herziehen und selber nichts besser machen.

  8. Leopold Mahn sagt:

    Es ist bestimmt nur ein Zufall, daß Volksbefragungen und -abstimmung ausgerechnet bei den Themen nicht möglich sein sollen, bei denen die grünen Positionen kaum bis gar nicht mehrheitsfähig sind.

  9. Robert Rosenberg sagt:

    Grundsätzlich macht es Sinn die Menge an Fahrzeugen in der Stadt zu reduzieren. Jedoch ist meines Erachtens das System des Parkpickerls noch nicht ausgereift. Kleinwirtschaftstreibende erwischt es hart, wenn sie mehr als ein Fahrzeug benötigen, bzw. wenn die Anschaffung eines 2ten Firmenfahrzeuges finanziell nicht möglich ist und MitarbeiterInnen das private Kfz benötigen. Gerade in wirtschaftlich schwachen Zeiten ist es gefährlich Kleingewerbetreibenden keinerlei Ausnahmeregelungen zu geben. Damit werden viele kleine Firmen aufgeben müssen. Im Gegensatz dazu haben große Firmen Firmenparktplätze. Das ist eine harte Ungleichbehandlung. Vielleicht sollte die Stadtregierung Ihre WählerInnen Zielgruppe überdenken. Kleingewerbetreibende stehen nicht besser da als WenigverdienerInnen. Schaut euch bitte die Steuerabgaben firmenseitig, im Vergleich zur MitarbeiterInnenzahl an. Da ist der Beitrag vom Kleingewerbe sicherlich höher als von riesen Firmen und Konzernen. Das sollte durch ein durchaus sinnvolles Parkpickerl nicht untergraben werden.

  10. Susanne sagt:

    Das Parkpickerl-Konzept ist völlig unausgereift und außerhalb des Gürtels nur beschränkt sinnvoll. Es schadet außerdem kleinen Betrieben. Wenn man in der Stadt kein Auto braucht, warum fahren dann Grüne auch (betrunken) Auto? Sind eure Termine wichtiger als die der Normalos?
    Was ich noch loswerden muss: für eine Maßnahme, die von einer Mehrheit abgelehnt wird, auch noch Geld für eine Plakataktion rauszuschmeißen – UNSER Geld – ist purer Zynismus. Und wann wurde denn schon ein Park irgendwelchen Parkplätzen geopfert? Was Blöderes ist euch nicht eingefallen? Dann erzählt ihr, mit Pickerl hätten die Leute wieder mehr Parkplätze. Aha. Aber auf eurer Website sind so schöne Zukunftsfotos von Straßen ganz ohne Parkplätze, ohne Autos? Da fahren dann wohl nur noch die PolitikerInnen mit den Dienstfahrzeugen und den Alibi-Klapprädern?
    Zur Volksbefragung: zuerst hieß es, über Gebühren kann generell nicht abgestimmt werden. Plötzlich heisst es, über eine Ausweitung bereits bestehender Gebühren kann nicht abgestimmt werden, über die Citymaut damals abzustimmen war also OK. Was jetzt?? (Abgesehen davon, dass Kurzparkzonen nicht zwingend Gebühren nach sich ziehen müssen.) Also, Leute, ich werde euch sicher nie wieder wählen, das ist ja wirklich alles erbärmlich.
    Übrigens: ich fahre sehr häufig Öffis, ich gehe viel zu Fuß und nutze das Auto sehr gezielt. Ich hätte kein Problem mit wirklich sinnvollen Konzepten zur Verkehrslenkung.

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